BaB zum Thema wie ich die Corona-Krise persönlich erfahre

23.04.2020

Schritt für Schritt

In den letzten Tagen habe ich mich oft an die Anfänge der Corona-Pandemie in Deutschland erinnert. Man hatte etwas von dem Virus gehört und schaute sorgenvoll Richtung Osten. Als das Virus dann da war, hat uns dessen Wucht übermannt und unser Leben auf den Kopf gestellt.

So geht es auch mir und meiner Familie. Wir bleiben unter uns und verzichten im Freundes- und Bekanntenkreis auf persönliche Kontakte. Schmerzlich ist es, dass wir meine Schwiegereltern und meine Mutter nicht besuchen können. Ein enges Miteinander gehört bei uns eigentlich dazu. Das ist gerade in dieser Zeit, wo unsere Eltern besondere Ängste haben und es für sie nicht leicht ist, sich täglich zu versorgen, schwer. Wir vermissen einander. Unsere älteste Tochter hat einen Sohn bekommen und die Urgroßeltern können den Kleinen nicht miterleben. In dieser Zeit haben wir eine Tante meiner Frau nach dem Tode ihres Mannes bei uns aufgenommen und mussten miterleben, dass eine „normale“ Trauer- und Beerdigungsfeier überhaupt nicht möglich war.
Mein Berufsalltag ist ein anderer: Ganze Tage verbringe ich in Telefon- und Videokonferenzen. So sind der Kontakt zu Kollegen und die notwendige Abstimmung der parlamentarischen Vorgänge möglich. Es funktioniert allerdings nur, weil wir alle uns recht gut kennen. Auf Dauer lässt sich der persönliche Austausch aber nicht ersetzen. Deshalb und aus rechtlichen Gründen führen wir in dieser Woche auch wieder Präsenzsitzungen im Deutschen Bundestag durch, wenn auch noch in verminderter Zahl.

Ich pflege einen engen Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern aus meinem Wahlkreis. Telefonisch, per E-Mail oder in Briefen gibt es unheimlich viele Rückmeldungen, viel Bestärkung, aber auch viele Sorgen, beispielsweise von Betriebsinhabern und Arbeitnehmern. Der Austausch ist wichtig und er tut beiden Seiten gut, denn ich bekomme eine unmittelbare Rückmeldung, was politische Maßnahmen vor Ort bewirken.

Es gibt auch in diesen Zeiten viel Positives: Wir alle haben gelernt, besser mit elektronischen Geräten und der dazugehören Software umzugehen. Es fängt bei unserer jüngsten Tochter an, die jetzt Videokonferenzen mit ihren Lehrern besucht, wo Mathematik-Unterricht erteilt wird. Das funktioniert erstaunlich gut und macht mir Mut. Es zeigt, wie anpassungsfähig unsere Gesellschaft doch ist.

Dennoch hoffe ich für uns alle und arbeite dafür, dass wir Schritt für Schritt in die Normalität zurückkehren können. Weder unser soziales noch unser wirtschaftliches Leben verträgt auf Dauer diesen jetzt notwendigen Abstand. Ich bin aber sicher, dass all das zurückkehren wird, was uns wichtig ist. Wir brauchen nur Geduld und Beharrlichkeit.

Johann Wadephul