Allgemeiner Gesellschaftsdienst

16.09.2021

Hier finden Sie mein Positionspapier zum Allgemeinen Gesellschaftsdienst.

Angesichts zunehmender weltweiter Krisen und Bedrohungen und den Erfahrungen der Corona-Epidemie und der Wetterkatastrophen in vielen Teilen Deutschlands stellt sich die Frage der Krisenvorsorge, -abwehr und -bewältigung in Deutschland dringender denn je. Dies gilt für die Verteidigungspolitik wie für den Krisen- und Katastrophenschutz. Teil des Modernisierungsjahrzehnts einer von der CDU/CSU-geführten Bundesregierung in der kommenden Legislaturperiode muss es darum sein, hier grundlegende Maßnahmen zu ergreifen, um Deutschlands Resilienz und Handlungsfähigkeit zu stärken.

Ein erster Schritt ist die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates im Bundeskanzleramt, der außen- und sicherheitspolitische Koordinierung, strategische Vorausschau und nachrich-tendienstliche Erkenntnisse des Bundes und der Länder zusammenführen soll. Doch genauso notwendig ist es, die Instrumente selbst zu stärken: die Bundeswehr und die zivilen Organisa-tionen des Krisen- und Katastrophenschutzes. Da geht es um größere finanzielle Investitionen in Fähigkeiten und Material. Da geht es vor allem aber auch darum, dass diese Organisationen ausreichend Personal einsetzen können. Denn zur Abwehr oder Bewältigung von Bedrohungen und Krisen braucht es auch in unserem hochtechnisierten 21. Jahrhundert vor allem eines: eine große Zahl zupackender Hände. Dies gilt für die Bundeswehr, die Feuerwehren, das THW, das Rote Kreuz, die Polizeien und die vielen weiteren staatlichen und nichtstaatlichen Hilfsorganisationen. Das haben uns die Corona-Epidemie und die die Flutkatstrophen gezeigt, das zeigen uns die Übungen der Bundeswehr und NATO. Alle Organisationen planen in den kommenden Jahren darum einen signifikanten Personalaufwuchs.

Doch diese zupackenden Hände werden von Jahr zu Jahr weniger. Die Bevölkerungspyramide Deutschlands zeigt sich längst als Urnenform. Das wird sich in den kommenden fünf bis zehn Jahren dramatisch auswirken. Schon heute ist die Kohorte männlicher Zehnjähriger um 100.000 Köpfe geringer als die der 20-jährigen. Bei Frauen sieht es genauso aus. Allein die Bundeswehr braucht bei der jetzt erreichten Personalgröße von etwas über 180.000 Soldatinnen und Soldaten einen jährlichen Regenerationsbedarf von 30.000 Einstellungen – und dementsprechend einer vielfach größeren Zahl von Bewerbern. 2025 wird sogar eine Perso-nalgröße von 203.000 Soldatinnen und Soldaten beabsichtigt. Bei den zivilen Sicherheitsbehörden und den Organisationen des Krisen- und Katastrophenschutzes sieht es nicht viel anders aus. Dazu kommt noch ein zunehmender Wettbewerb mit der Wirtschaft, deren Nachwuchssorgen vergleichbar, wenn nicht sogar größer sind.

Darum bekommt die Diskussion um eine einen Allgemeinen Gesellschaftsdienst eine neue Dringlichkeit, schafft eine neue verfassungsrechtliche Rechtfertigung und findet wachsende Zustimmung in der Bevölkerung. Ein einjähriger Allgemeiner Gesellschaftsdienst für Männer und Frauen muss Teil der Modernisierungsagende für unser Land sein. Der Dienst sollte bei allen von staatlicher Seite anerkannten Organisationen und Trägern abgeleistet werden können. Dies umfasst neben der Bundeswehr und den Organisationen des zivilen Krisen- und Katastrophenschutzes auch die Einsatzbereiche des bisherigen Freiwilligen Sozialen und Ökologischen Jahres und dem Entwicklungsdienst usw. Die Organisationen und Träger sollten dabei das Recht zur Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber haben.
Ein Allgemeiner Gesellschaftsdienst würde Deutschland auch zukünftig krisenfest machen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Es ist Zeit, die Debatte darüber wieder aufzunehmen.